Die UN-Behindertenrechtskonvention ist die bekannteste Menschenrechtskonvention in Deutschland und weltweit der am schnellsten rati zierte, d.h. rechtlich verbindlich akzeptierte Völkerrechtsvertrag. Der UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen hat die Konvention nun seit 10 Jahren überwacht. Der Bericht über die Arbeit des Ausschusses kommt passend zum Jubiläum und gibt Leserinnen und Lesern einen Über- blick über seine Arbeit und über seine Interpretation der einzelnen Normen der UNBRK. Er zielt darauf, ein besseres Verständnis des Menschenrechtsmodells von Behinderung zu vermitteln und die Menschenrechtsbildung in Bezug auf Behinderung zu fördern. Neben einem Überblick über die Arbeit des Ausschusses gibt der Bericht einen Einblick in des- sen „Rechtsprechung“, die sich in zahlreichen Dokumenten niederschlägt. Fragt man nach den wichtigsten Ergebnissen der 10-jährigen Arbeit des Ausschusses, erscheinen mir vier Aspekte zentral:
Erstens wurden die einzelnen Rechte in der UNBRK durch unsere Interpretation mit Leben gefüllt. Zudem haben wir mit „inklusiver Gleichheit“ einen neuen Gleichheitsbegriff in das Völkerrecht eingeführt, der über formale und substantielle Gleichheit hinausgeht. Wir haben begonnen, die Figur der rechtlichen Handlungsunfähigkeit in Frage zu stellen und sie aus dem Bereich der modernen Menschenrechte zu verbannen. Wir haben ein Verständnis von Freiheit entwickelt, das tatsächlich universal ist und Grundsteine für eine inklusive Rechtspersönlichkeit legt, sowie die Anwendung von Gewalt und Zwang für rechtswidrig erklärt.
Wir haben zweitens die anderen Menschenrechtsausschüsse, Gremien und Mandatsträger und Mandatsträgerinnen im Menschenrechtssystem der Vereinten Nationen beeinflusst. Auch sie beschäftigen sich nun mit behinderten Personen als Menschenrechtssubjekte. Sie nehmen nun auch im Kontext ihrer Arbeit auf neue Rechtsbegriff e wie Barrierefreiheit, an- gemessene Vorkehrungen und unterstützte Entscheidungsbezug.
Drittens haben wir wie kein anderer Vertragsausschuss das nationale Monitoringsystem im Menschenrechtsbereich gestärkt. Unsere Dialoge mit Nationalen Menschenrechtsinstituten und Zivilgesellschaft haben dazu beigetragen, dass die Konvention in vielen Mitgliedsstaaten „nach Hause gebracht“ werden konnte.
Viertens haben wir für mehr Barrierefreiheit und Diversität innerhalb der Vereinten Nationen gesorgt. Webseiten sind nun zugänglicher, Schriftdolmetschung und Gebärdensprache gehören in einigen Sitzungen nun zur Grundausstattung, und erste grundlegende Menschenrechtsdokumente sind in Einfaches Englisch (Plain English) und Leichtes Englisch (Easy-Read) übersetzt.
Diese Erfolge wären ohne den engagierten Einsatz unseres Sekretariats im Hohen Kommissariat für Menschenrechte nicht möglich gewesen. Mein Dank gilt daher dem Leiter Jorge Araya und seinem Team, insbesondere Harumi Fuentes, Celine Georgi, Caroline Harvey und Catherinne Pedreros.
Für das Zustandekommen dieser Broschüre danke ich Marine Uldry, Alexia Black und People First New Zealand, Franziska Witzmann und Stefanie Dahlhaus. Dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales danke ich für die Förderung der Drucklegung der englischen Originalfassung des Berichts. Die deutsche Fassung dieser Broschüre erfolgte mit finanzieller Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen und des Europäischen Sozialfonds.
Theresia Degener
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