Forderungskatalog für das Gespräch mit Malu Dreyer am 02.10.14

2008 im Grußwort zur Veröffentlichung der UN-Behinderten-Konvention schreibt Hubert Hüppe, damaliger Beauftragter der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen:

„Die Konvention hat das Leitbild der sogenannten „Inklusion“. Das bedeutet: Nicht der Mensch mit Behinderung muss sich anpassen, um „dabei“ sein zu können, sondern wir müssen alle gesellschaftlichen Bereiche seinen Bedürfnissen entsprechend anpassen und öffnen. Niemand darf ausgegrenzt werden.“

Für den Verein „EINE Schule für ALLE in der Region Trier e.V.“ bedeutet dies für die Übertragung auf unser Schulwesen, dass Barrieren für alle in allen unseren Schulen lebenden Menschen (Schüler, Lehrkräfte, pädagogische und technische Kräfte, Eltern) allmählich abgebaut werden müssen. Dies trifft nicht nur die Barrieren, die auf der Grundlage eines Gutachtens oder eines Ausweises festgestellt wurden, sondern für alle Barrieren; also auch für die, die Hochbegabte, Autisten, ADHS-Kinder, Kinder mit pubertären oder sozialen Schwierigkeiten, Kinder von Ausländern usw. beeinträchtigen.

Diesem Anspruch werden die Schwerpunktschulen nicht oder nur bedingt gerecht. Auch sie sind „Sondereinrichtungen“, in die beeinträchtigte Kinder geschickt werden; sie können so immer noch nicht die Schule besuchen, die alle ihre Altersgenossen aus ihrem Stadtteil oder ihrem Dorf besuchen. So können Schwerpunktschulen ein erster Schritt zur Inklusion sein, aber gewiss nicht das zu erreichende Endstadium. Hinzu kommt, dass die reine Einrichtung von Schwerpunktschulen noch lange keinen inklusiven Unterricht und kein inklusives Schulleben garantiert.

Daher erwarten wir von der Landesregierung:

  • Eine allmähliche, aber deutliche und kontinuierliche Ausweitung der Zahl der Schwerpunktschulen
  • Eine Verstetigung der Lehrerwochenstunden-Zuweisung, insbesondere von Stunden von Förderlehrkräften
  • Eine Verbesserung der personellen Kontinuität für die Schulen, auch hier besonders von Förderlehrkräften
  • Eine Abkehr von der „Bedarfsberechnung“ (sowohl für die Einrichtung von SPS, wie auch für ihre Versorgung mit Förderstunden) auf der Grundlage der Zahl der Gutachten, die als Voraussetzung für die Förderung von Kindern durch Förderlehrkräfte erstellt werden
  • Eine starke Verbesserung der Fortbildung der Kollegien der Schwerpunktschulen entsprechend den Bedürfnissen der dortigen Lehrkräfte
  • Ein qualitaiv gutes Coaching der Schulleitung neuer Schwerpunktschulen und seine Finanzierung – dieses Coaching kann zur Zeit weder von den Fortbildungsinstituten, noch von der Schulaufsicht gewährleistet werden, weil dort weder die spezifischen professionellen Kenntnisse noch die Kapazitäten vorhanden sind
  • Eine stärkere Unterstützung der Pionierarbeit der Schwerpunktschulen (besonders in Grundschulen, IGSsen und RS+) an der Ausgestaltung inklusiven Unterrichts; Beispiele sind Modelle für Lernstandserhebung, Förderpläne, Beteiligung von Schülern und Eltern an konkreten Unterrichtsplanungen, Erstellung von Lernmaterialien usw. Hier wird sehr viel Entwicklungsarbeit durch einzelne Schulen geleistet.
  • Eine Verstärkung der regionalen Zusammenarbeit der Schwerpunktschulen bei der Erstellung solcher Modelle und Materialien, aber auch beim Austausch von Erfahrungen – z.B. könnten regionale kontinuierliche Fachkonferenzen oder andere gemeinsame Konferenzen von Schwerpunktschulen hierbei helfen. Da viele SPS auch Ganztagsschulen sind, kann diese regionale Zusammenarbeit nicht nebenbei am Nachmittag erledigt werden.
  • Eine deutliche Verstärkung der Schulsozialarbeit; auch Schulassistenz muss leichter möglich gemacht werden. Die Zusammenarbeit der verschiedenen Kostenträger muss hier erleichtert werden und benötigt einen rechtlichen Rahmen.